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Warum steigen Gesundheitskosten und Prämien?

Seit der Einführung des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) 1996 sind die Prämien der Grundversicherung stetig gestiegen. Grund dafür sind die ebenfalls gestiegenen und weiter steigenden Gesundheitskosten. Die Prämien müssen die Kosten decken und entwickeln sich deshalb gleich. Nur ein Bruchteil der Prämien fliesst in die Verwaltungskosten der Versicherungen, denn in der Grundversicherung dürfen die Krankenversicherungen keinen Gewinn erzielen. Hier erfahren Sie mehr über die Gründe für die Entwicklung der Prämien und der Gesundheitskosten.

Die Entwicklung der Prämien in der Grundversicherung

Die Prämien als Abbild der Gesundheitskosten

Diagramm: Entwicklung der Prämien und Leistungen pro Person in der obligatorischen Grundversicherung von 2000 bis 2022. Die Nettoleistungen inkl. Verwaltungsaufwand sind von 1935 Franken im Jahr 2000 auf 3907 Franken im Jahr 2022 angestiegen. Die Prämien betrugen 2000 durchschnittlich 1850 Franken jährlich, 2022 waren es 3766 Franken.
Quelle: Bundesamt für Gesundheit: Statistik der obligatorischen Krankenversicherung 2023

Diese Grafik zeigt die Entwicklung der:

Diese Ausgaben haben sich zwischen 2000 und 2023 mehr als verdoppelt: von CHF 1’935 auf CHF 3’882 pro versicherte Person.

Die Verwaltungskosten werden für den administrativen Aufwand der Versicherungen verwendet (Verarbeitung eingesandter Rechnungen, Vertragsänderungen und -abschlüsse, Erfüllung behördlicher Vorschriften, Löhne, Mieten etc.) und machen durchschnittlich etwa 5% der Prämien aus.

Die Prämien widerspiegeln die Gesundheitskosten und sind im gleichen Mass gestiegen (2000: CHF 1’850; 2023: CHF 3’963). Sie decken die Kosten für medizinische Behandlungen (Leistungskosten) sowie die Verwaltungskosten der Krankenkassen. Krankenkassen müssen ausserdem gesetzliche Reserven bilden, um auch unerwartet hohe Leistungskosten decken zu können. Sie dürfen nur dafür verwendet werden (sie sind «zweckgebunden»).

Warum steigen die Gesundheitskosten und damit die Prämien?

Der Fortschritt dank neuer Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten ist erfreulich und kann längerfristig sogar Kosten sparen – beispielsweise dann, wenn eine Krankheit dank einer frühen Diagnose erfolgreich behandelt werden kann. Auch können heute Krankheiten behandelt werden, für die es früher keine Behandlungsmöglichkeiten oder Medikamente gab, zum Beispiel viele Krebsarten.

Viele dieser neuen Medikamente sind allerdings sehr teuer, weil ihre Entwicklung sehr aufwendig war und sie gleichzeitig sehr erfolgversprechend sind. Und auch neue Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten führen häufig zu einem Kostenanstieg, da sie von den Leistungserbringern vermehrt eingesetzt oder von den Patientinnen und Patienten vermehrt nachgefragt werden – gemäss der Logik: Was angeboten wird, wird auch konsumiert. Dieses Verhalten ist verständlich, wirkt sich aber direkt auf die Prämien aus.

Dank der hervorragenden medizinischen Versorgung werden die Bewohnerinnen und Bewohner der Schweiz immer älter. Den hohen Gesundheitskosten steht also auch ein hoher Nutzen gegenüber. Zudem werden wir nicht nur immer älter, sondern bleiben dabei auch immer länger gesund. Unabhängig vom Alter fällt ein Grossteil der Gesundheitskosten im letzten Lebensjahr eines Menschen an.

Trotzdem benötigen ältere Menschen mehr medizinische Behandlungen – und von ihnen gibt es immer mehr: Der Anteil der über 65-Jährigen ist zwischen 2001 und 2023 um mehr als 50% gestiegen (Bundesamt für Statistik, Altersmasszahlen der ständigen Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie und Geschlecht, 1999–2023). Dies hat zu einem markanten Anstieg der Pflegekosten geführt: Zwischen 2011 (Einführung der neuen Pflegefinanzierung) und 2022 sind diese im Pflegeheim um 42% und in der Pflege zu Hause um 124% gestiegen (Santésuisse, Pflegereport 2024).

Laut einer Studie des Bundesamts für Gesundheit (BAG) werden Zusatzversicherte im Vergleich zu Grundversicherten häufiger operiert, ohne dass eine medizinische Notwendigkeit für diese Mehrbehandlung erkennbar ist. Zum gleichen Ergebnis kommen verschiedene Studien, die sich mit Operationen an Knie, Wirbelsäule, Hüfte, Prostata und Herz beschäftigt haben. Jede dieser Operationen wird – trotz Zusatzversicherung der Patientinnen und Patienten – zum Teil von der Grundversicherung bezahlt, weshalb diese Mehrbehandlungen die Prämien aller Versicherten in der Schweiz belasten. Oft kann es darum sinnvoll sein, vor einer geplanten Operation eine ärztliche Zweitmeinung einzuholen.

Spitäler arbeiten gewinnorientiert. Trotzdem sind viele defizitär. Dies liegt einerseits an einer zu grossen Spitaldichte, andererseits (aus Sicht der Spitäler) aber auch an zu niedrigen Tarifen. Um wirtschaftlich arbeiten zu können, gibt es bei den Spitälern die Tendenz, ihren Umsatz durch vermehrte Leistungen zu erhöhen.

In der Schweiz herrscht eine grosse Dichte an Spitälern, Arztpraxen, Pflegekräften, Apotheken, Therapeuten etc. und an medizinischen Geräten. Gleichzeitig müssen sie alle gewinnorientiert arbeiten und die medizinische Infrastruktur möglichst gut auslasten – oft geschieht dies zulasten der Effizienz, was wiederum zu höheren Kosten führt.

  • Einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Gesundheitsleistungen (EFAS): Ambulante Behandlungen kosten weniger als stationäre Spitalaufenthalte und werden mehr und mehr gefördert (Regelung «Ambulant vor stationär»). Doch mit der heutigen Finanzierung führen mehr ambulante Behandlungen zu höheren Prämien. Warum? Bei einem stationären Spitalaufenthalt bezahlt der Kanton 55% und die Krankenversicherung 45% der Kosten. Eine ambulante Behandlung geht hingegen zu 100% zu Lasten der Krankenversicherungen und damit der Prämienzahler. Dies führt zu Fehlanreizen und steht der von vielen Akteuren geforderten Verlagerung hin zu mehr ambulanten Behandlungen im Weg. Darum setzen sich die Krankenkassen, aber auch Ärzteverbände, Spitäler, die Pharmabranche und diverse Organisationen für eine einheitliche Finanzierung von stationären und ambulanten Leistungen ein. Am 24. November 2024 stimmt die Schweizer Stimmbevölkerung über EFAS ab. Mehr Infos zu EFAS >
  • Interessenskonflikte der Kantone: Gerade im Spitalsektor haben die Kantone durch ihre verschiedenen Rollen teils gegensätzliche Interessen, denn sie sind Versorgungsplaner, Spitaleigentümer, Mitfinanzierer und Tarifgenehmiger. Damit verfügen sie über Einflussmöglichkeiten, die dem regulierten Wettbewerb entgegenstehen – zum Beispiel bei der Spitalplanung, der Tariffestsetzung oder bei der Subventionsvergabe an ineffiziente Spitäler. Fakt ist: Die Schweiz hat zu viele Spitäler und wäre auch mit einer kleineren, aber gut geplanten Spitallandschaft noch gut versorgt. Gleiches gilt generell für die Anzahl an Ärztinnen und Ärzten. Hier könnte eine Zulassungssteuerung helfen, die aber bisher nur wenig angewandt wird.
  • Zu hohe Medikamentenpreise: Die Ausgaben für Medikamente sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen und gehören pro Kopf zu den weltweit höchsten. Gleichzeitig sind die Medikamentenpreise in der Schweiz im Vergleich zum Ausland sehr hoch. Die Preise werden vom Bundesamt für Gesundheit festgelegt und regelmässig überprüft. Wenig Interesse an Preissenkungen hat jedoch die Pharmabranche, die als stärkste Exportindustrie für Arbeitsplätze und Steuereinnahmen sorgt und somit in der Politik grossen Einfluss hat. Der Krankenkassen-Branchenverband santésuisse setzt sich dafür ein, die Preise zu senken.
  • Ausbau des Leistungskatalogs der Grundversicherung: Immer mehr Leistungen können über die Grundversicherung abgerechnet werden. Zuletzt neu hinzugekommen sind Psychotherapie und Podologie. Das ist zwar im Grunde gut, da sie der Behandlung von «Volkskrankheiten» dienen. Doch was zuvor selbst bezahlt oder von der freiwilligen Zusatzversicherung getragen wurde, betrifft nun aufgrund der Verlagerung in die Grundversicherung alle Prämienzahler. Hinzu kommt, dass bei der Umsetzung wichtige Aspekte nicht berücksichtigt wurden, die aus Sicht der Krankenkassenverbände zu einer Kostensteigerung führen.
    Die Grundversicherung bezahlt Behandlungen dann, wenn sie den WZW-Kriterien entsprechen: Sie müssen wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sein. Das Gesetz gibt vor, dass Leistungen regelmässig daraufhin überprüft werden müssen. Leider wird dies nur ungenügend umgesetzt. Santésuisse fordert, dass unwirksame Leistungen nicht mehr vergütet werden. Bei einigen Therapien hat sich bereits herausgestellt, dass dies nicht der Fall ist. Allein mit der Streichung dieser Leistungen könnte man gemäss einer Schätzung von Santésuisse 200 Mio. Franken sparen.

Was wurde bereits getan, um den Anstieg der Prämien zu bremsen?

Seit 1. Januar 2024 gilt für rezeptpflichtige Medikamente: Wer das Originalpräparat möchte, obwohl es dafür ein Generikum oder Biosimilar mit gleichem Wirkstoff gibt, bezahlt grundsätzlich einen höheren Selbstbehalt von 40% statt 10%. Originalpräparate sind teurer und belasten die Prämien der Grundversicherung deshalb stärker. Des Weiteren wurden die Preise für Generika und Biosimilars gesenkt sowie die Vertriebsmargen angepasst, denn bisher war der Verkauf der teureren Medikamente für Apotheken und Arztpraxen attraktiver. Neu verdienen sie am Generikum/Biosimilar gleich viel wie am Originalmedikament. Mehr Infos zu Generika und Biosimilars >

Der bereits 20 Jahre alte Tarif für ambulante medizinische Leistungen, Tarmed, gilt schon lange als veraltet. In Zukunft sollen für einige Leistungen Pauschalen, für andere der neu entwickelte Tarif Tardoc zur Anwendung kommen. Über die Ausgestaltung herrschte lange Zeit viel Uneinigkeit, weshalb sich die Einführung der neuen Tarifsysteme stark verzögerte. Doch nun sind beide grösstenteils genehmigt, es geht noch um letzte Details. Sie sollen ab 1. Januar 2026 in Kraft treten.

Kann eine Einheitskasse für tiefere Prämien sorgen?

Seit Jahren steigen die Gesundheitskosten und damit die Prämien in der Schweiz immer weiter. Eine Lösung klingt verlockend: die Einheitskasse. Doch was würde sie wirklich bringen? Wir ordnen ein.

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