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Einheitskasse ja oder nein? Argumente unter der Lupe

Seit Jahren steigen die Gesundheitskosten und damit die Prämien in der Schweiz immer weiter. Eine Lösung klingt verlockend: die Einheitskasse. Bereits viermal hat die Schweizer Bevölkerung darüber abgestimmt – und sie doch jedes Mal deutlich abgelehnt. Jetzt steht die Forderung wieder im Raum. Haben sich Zahlen und Fakten geändert? Was würde die Einheitskasse bringen? Wir ordnen ein.

Was ist eine Einheitskasse?

In der Schweiz bieten heute verschiedene Versicherer die obligatorische Grundversicherung an. Die Leistungen sind bei allen gleich, doch die Prämien, der Service und die angebotenen alternativen Versicherungsmodelle (Sparmodelle) unterscheiden sich.

Eine staatliche Einheitskasse würde das heutige Mehrkassensystem ersetzen – es gäbe nur noch eine einzige Krankenkasse. Die Befürworter argumentieren, dass eine Einheitskasse die Verwaltungskosten senken und die Effizienz im Gesundheitssystem verbessern könnte. Die Gegner befürchten hingegen eine Bürokratisierung, längere Wartezeiten und eine Einschränkung der Wahlfreiheit für die Versicherten.

Fragen und Antworten zur Einheitskasse

Wohl kaum. Denn: Die Krankenversicherungsprämien setzen sich zu 95 Prozent aus Gesundheitskosten zusammen. Diese müsste auch eine Einheitskasse decken – und der Anstieg der Gesundheitskosten wird auch mit einer Einheitskasse nicht gebremst. Die restlichen 5 Prozent sind Verwaltungskosten der Krankenkassen. Auch solche fielen bei einer Einheitskasse an – schliesslich müsste auch diese Löhne, Mieten, Informatikkosten etc. bezahlen. Eine Einheitskasse könnte also höchstens Einsparungen im kleinen einstelligen Prozentbereich bringen.

Ja, allerdings machen die Löhne für das Management (Geschäftsleitung und Verwaltungsrat) in der Schweiz nur etwa 0.85% der gesamten Prämien aus (Bilanzen und Betriebsrechnungen Krankenversicherer 2022). Eine Einheitskasse mit etwa 8.8 Mio. Versicherten bräuchte ebenfalls sehr viele Angestellte, denn die Bereiche mit den meisten Angestellten – Kundenberatung, Leistungen und IT – wären dort genauso nötig. (Die ZHAW ging 2013 davon aus, dass die Anzahl der bei der nationalen Einheitskasse beschäftigten Personen etwa gleich hoch wäre wie mit dem heutigen Mehrkassensystem.) Die Geschäftsleitung einer Einheitskasse wäre zwar kleiner als die aller Schweizer Krankenkassen zusammen, hätte aber bei so vielen Versicherten umso mehr Verantwortung, die sich auch in ihrem Lohn widerspiegeln würde.

Übrigens: Die Löhne der Krankenkassenchefs, die in den Medien jährlich unter die Lupe genommen werden, werden nicht nur aus den Prämien der Grundversicherung bezahlt, sondern auch aus der freiwilligen Zusatzversicherung.

Und die Werbekosten und Provisionen für Vermittler? Auch diese werden teils aus der Zusatzversicherung bezahlt. Der Anteil aus der Grundversicherung macht durchschnittlich etwa 0.3% der Prämien aus (Bilanzen und Betriebsrechnungen Krankenversicherer 2022). Zudem sind die Provisionen in der «Branchenvereinbarung Vermittler» streng geregelt und gedeckelt.

Dafür haben Sie Wahlfreiheit und können wechseln, wenn Sie mit der Prämie oder dem Service Ihrer Krankenversicherung unzufrieden sind. Mit der Einheitskrankenkasse bliebe Ihnen nur der Umzug in einen anderen Kanton (der Initiativtext von 2014 ging von einer einheitlichen Prämie pro Kanton aus). Der Wettbewerb unter den Krankenkassen fördert auch deren Effizienz, Servicequalität und Innovation, zum Beispiel im Bereich der Prämiensparmodelle.

Einheitskasse: ungeklärte Fragen und fragwürdige Rollenverteilung

Solange es keine Abstimmungsinitiative gibt, kann diese Frage nicht beantwortet werden. Doch auch bei der letzten Abstimmung über die Einheitskasse im Jahr 2014 wurde sie weitgehend offen gelassen. Die Rede war von einer «einheitlichen nationalen öffentlich-rechtlichen Einrichtung» mit «kantonalen oder interkantonalen Agenturen». Diese Formulierung lässt verschiedene Möglichkeiten offen:

  • Es wird eine Institution gegründet, die die nationale Einheitskrankenkasse in der Schweiz betreibt und ihr operatives Geschäft in 26 Agenturen in den Kantonen betreibt.
  • Es gibt 26 kantonale Einheitskassen.

Zur Einordnung: Stand 1. Januar 2024 bieten in der Schweiz 39 Krankenversicherer die Grundversicherung an. Davon gehören einige zur selben Unternehmensgruppe und haben keine eigenen Mitarbeitenden und keine eigene Infrastruktur. Zieht man diese Anbieter ab, bleiben 29 Versicherungsunternehmen. Es wird erwartet, dass diese Zahl in den kommenden Jahren weiter sinkt. Mit kantonalen Einheitskassen oder Agenturen blieben am Ende also nicht weniger Anbieter übrig.

Die Krankenkassen haben kein Interesse an hohen Prämien, sie dürfen in der Grundversicherung keinen Gewinn machen. Die Lobbyisten, beispielsweise unser Branchenverband santésuisse, setzen sich sogar für tiefere Kosten und Prämien ein. Andererseits führen die verschiedenen Rollen der Kantone bereits heute zu Interessenskonflikten – siehe Finanzielle Fehlanreize und Fehlentwicklungen > Interessenkonflikte der Kantone. Sollten zudem die Kantone als Betreiber der Einheitskasse beauftragt werden, würden sich diese Konflikte wohl noch verschärfen, zum Beispiel bei Tarifverhandlungen mit Kantonsspitälern: Sollen die Tarife steigen, damit die Spitäler mehr Geld verdienen? Oder sinken, damit die Einheitskasse weniger bezahlen muss und die Prämien nicht weiter steigen? Dazu muss man wissen: Die Grundversicherung darf keine Gewinne erwirtschaften – Spitäler schon.

Grosse Verwaltungsapparate sind nicht unbedingt für ihre Geschwindigkeit und Effizienz bekannt. Für Versicherte bedeutet das: Sie würden voraussichtlich länger auf ihre Leistungsabrechnung warten. Deshalb wurden in der Vergangenheit bereits viele Bereiche privatisiert – zum Beispiel in der Telekommunikation. Wünschen Sie sich einen staatlichen Mobilfunkanbieter, der nur wenige Tarife anbietet und keinen Anreiz hat, der günstigste und kundenfreundlichste zu sein? Die Mobilfunktarife wären hier vergleichbar mit Versicherungsmodellen – zum Beispiel Telmed-, Hausarzt- oder HMO-Modell.

Zu den Preisen: Heute führen Krankenkassen Tarifverhandlungen mit Spitälern und anderen Leistungserbringern. Sie verhandeln, wie viel eine bestimmte Leistung kosten darf. Dies wirkt sich direkt auf Ihre Prämie aus – denn jede Krankenkasse möchte mit möglichst tiefen Prämien möglichst viel anbieten und dadurch wettbewerbsfähig bleiben. Diesen Anreiz hat eine Einheitskasse nicht.

Andere Länder zeigen: Staatliche Krankenkassen sind nicht unbedingt besser. In Grossbritannien sind beispielsweise die Wartefristen für Behandlungen sehr lang, die Ausgaben sind aber gleich hoch wie in der Schweiz (2022: 11.3% des Bruttoinlandsprodukts, Statista: Anteil der Ausgaben für Gesundheit am Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2022).

Nicht vergessen:

  • Krankenkassen dürfen in der Grundversicherung schon heute keine Gewinne machen. Die Prämien werden jährlich vom Bundesamt für Gesundheit BAG geprüft und genehmigt und können nicht willkürlich von den Krankenkassen festgelegt werden. Die Prämien müssen die Kosten decken.
  • Die Einführung einer Einheitskasse würde initial viel Geld kosten. Die ZHAW ging 2013 von CHF 1.75 Mia. aus (Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften: Übergang zur Einheitskrankenkasse: Schätzung der Systemwechselkosten). Die Einführung würde lange dauern, bis dahin würden beide Systeme parallel laufen und müssten doppelt finanziert werden. Das heisst: Bis der (geringe) Spareffekt einer Einheitskasse eintreten würde, verginge viel Zeit. Daneben gäbe es rechtliche Fragen zu weiteren Kostenfolgen zu klären, zum Beispiel zu Enteignung und Entschädigung der privaten Krankenversicherer.

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